Zwangsmassnahmen - Allgemeines

Was für Zwangsmassnahmen gibt es?

Bei den Zwangsmassnahmen wird zwischen offenen und geschlossenen Zwangsmassnahmen unterschieden. Dabei ist lediglich die Anordnung offener Zwangsmassnahmen den betroffenen Personen zu eröffnen (Art. 199 StPO).

Offene Zwangsmassnahmen sind:

  • Die Vorladung (Art. 201 ff. StPO), die Vorführung (Art. 207 ff. StPO), die Fahndung (Art. 210 f. StPO).
  • Die Anhaltung (Art. 215 f. StPO), die vorläufige Festnahme (Art. 217 ff. StPO).
  • Die Untersuchungs- und Sicherungshaft / Ersatzmassnahmen (Art. 220 ff. StPO).
  • Durchsuchungen und Untersuchungen (Art. 241 ff. StPO).
  • DNA-Analysen, inklusive Massenuntersuchungen (Art. 255 ff. StPO).
  • Die Erkennungsdienstliche Erfassung, Schrift- und Sprachproben (Art. 260 ff. StPO).
  • Die Beschlagnahme (Art. 263 ff. StPO).

Geheime Zwangsmassnahmen sind:

  • Die Überwachung von Post- und Fernmeldeverkehr (Art. 269 ff. StPO).
  • Die Überwachung mit technischen Überwachungsgeräten (Art. 280 ff. StPO).
  • Die Observation (Art. 282 ff. StPO).
  • Die Überwachung von Bankbeziehungen (Art. 284 ff. StPO).
  • Die verdeckte Ermittlung (Art. 285a ff. StPO).
  • Die verdeckte Fahndung (Art. 298a ff. StPO).

Wann dürfen Zwangsmassnahmen ergriffen werden? Was sind die allgemeinen Voraussetzungen?

Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind (Art. 197 Abs. 1 StPO):

  • Die Zwangsmassnahme muss zunächst den Anforderungen von Art. 36 BV entsprechen, da sie einen Eingriff in die Grundrechte der betroffenen Personen darstellt. Folglich muss die Zwangsmassnahme gesetzlich vorgesehen sein – der «numerus clausus» der Zwangsmassnahmen ist zu beachten –, ein öffentliches Interesse verfolgen und das Verhältnismässigkeitsprinzip einhalten – also geeignet, erforderlich und zumutbar sein.
  • Es muss ein hinreichender Tatverdacht vorliegen.
  • Die angestrebten Ziele können nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden. Dieser Vorrang milderer Massnahmen konkretisiert die Erforderlichkeit bei der Verhältnismässigkeitsprüfung gemäss Art. 36 BV.
  • Die Bedeutung der Straftat muss den Eingriff rechtfertigen.

Wer darf Zwangsmassnahmen anordnen? Wer ist hierfür zuständig?

Zwangsmassnahmen anordnen können gemäss Art. 198 Abs. 1 StPO:

  • Die Polizei.
  • Die Staatsanwaltschaft.
  • Das Zwangsmassnahmengericht.
  • Das erstinstanzliche Gericht.

Das Gesetz legt hierbei jeweils fest, wer welche Zwangsmassnahmen unter welchen Voraussetzungen anordnen darf:

  • Die Polizei ist zuständig für die Anordnung der Anhaltung (Art. 215 StPO), der vorläufigen Festnahme (Art. 217 StPO), der erkennungsdienstlichen Behandlung (Art. 260 StPO) und der Abnahme von DNA-Proben (Art. 255 Abs. 2 StPO), der Observation bis zu einem Monat (Art. 282 StPO) und der verdeckten Fahndung (Art. 298b StPO). Sodann verfügt sie über eine Notkompetenz bei Gefahr im Verzug bei Hausdurchsuchungen (Art. 213 StPO), Durchsuchungen (Art. 241 StPO) und der Beschlagnahme (Art. 263 ff. StPO).
  • In der Regel ist die Staatsanwaltschaft dafür zuständig, Zwangsmassnahmen anzuordnen. Geheime Zwangsmassnahmen müssen jedoch teilweise vom Zwangsmassnahmengericht genehmigt werden.
  • Das Zwangsmassnahmengericht hat in gewissen Fällen geheime Zwangsmassnahmen zu genehmigen. Sodann ordnet es auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Untersuchungs- und Sicherheitshaft an oder entscheidet über deren Verlängerung (Art. 220 und 227 StPO) sowie über die Anordnung der Kontoüberwachung (Art. 284 StPO).
  • Das erstinstanzliche Gericht ist zur Anordnung aller Zwangsmassnahmen befugt – mit Ausnahme der Haft.